Wann und warum sind Sie nach Deutschland gekommen?
Ich bin seit September 2018 in Deutschland. Schon als ich mein Studium angefangen habe, habe ich gedacht, dass Deutschland die größte Chemie-Industrie der Welt hat. Ich wollte unbedingt dorthin gehen. Deswegen habe ich einen Deutschkurs während des Studiums besucht. Leider konnte ich den Deutschkurs nicht weitermachen , weil ich arbeiten musste.
Könnten Sie uns ein bisschen über Ihre Arbeitserfahrung erzählen?
Ich habe in Kolumbien Chemieingenieurwesen studiert. Und dort fast drei Jahre bei einer Firma gearbeitet, die Reinigungsmittel herstellt - im Qualitäts- und Produktionsbereich. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich für ein Jahr als Au-pair-Mädchen gearbeitet. Danach habe ich eineinhalb Jahre lang einen Freiwilligendienst absolviert. Ich habe in einer Kita Nachhilfe gegeben und den Erzieher*innen geholfen. Seit März diesen Jahres arbeite ich bei SGS Institut Fresenius GmbH, eine große Firma, einen Chemie-Labor, als Chemie-Laborantin im Lebensmittelbereich. Wir überprüfen die Lebensmittel, die aus aller Welt kommen, auf Pestizide.
Was hat Ihnen diese Erfahrung des freiwilligen Jahres gebracht?
Dieses Jahr hat mir sehr geholfen, die Kultur kennenzulernen. Ich war noch nicht so integriert. Als Au-pair war ich meistens bei meiner Gastfamilie und ich hatte kaum Kontakt mit anderen Leuten. Im Freiwilligendienst hatte ich Kontakt zu den Mitarbeiter*innen der Kita, den Erzieher*innen und den Eltern. Dadurch habe ich meine Sprachkenntnisse verbessert.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, an BeuthBonus+ teilzunehmen?
Eine Freundin hat mir von BeuthBonus+ erzählt. Am Anfang war ich nicht sicher, ob ich genug Zeit dafür habe. Dann kam Corona und ich war sowieso zuhause, weil die Kitas geschlossen waren. Also habe ich an der Qualifizierung teilgenommen und viele Coaching-Sessions besucht. Sie waren sehr hilfreich für mich. Ich wusste nicht genau, wie man in Deutschland einen Lebenslauf aufbaut, wie die Vorstellungsgespräche ablaufen. Es ist alles ein bisschen anders im Vergleich zu Kolumbien.
Was war Ihnen im Programm besonders wichtig?
Frau Zouyène – unsere Coach für Deutsch als Fremdsprache – hat mir Webseiten und viele Artikel über Chemie empfohlen. So konnte ich nicht nur meine alltäglichen Deutschkenntnisse, sondern auch meine fachlichen Deutschkenntnisse verbessern. Sie hat mir auch sehr mit der Grammatik geholfen. Außerdem gibt es bei BeuthBonus+ die Möglichkeit, an einem Kurs der Beuth Hochschule teilzunehmen. Ich habe das gemacht und mich für Qualitätstechniker*in entschieden.
Sie haben sich an der BeuthBonus+ für die Weiterbildung als Qualitätstechnikerin entschieden. Hat Sie BeuthBonus+ dazu inspiriert?
Ich wusste nicht, wie ich weitermachen kann. Das Coaching mit Torben Klußmann hat mir dabei geholfen. Er stellte viele Fragen über meinen Beruf, was meine Ziele sind. So habe ich darüber nachgedacht, wie es weitergehen kann für mich. Er meinte, wenn ich Erfahrung im Qualitätsbereich gesammelt habe und mir das gefallen hat, dann warum nicht da weitermachen? Und es gab das Angebot von BeuthBonus+ dieses Fachsemester zu machen – und dann dachte ich, warum nicht? Während meinem Studium habe ich schon ein wenig über Qualitätstechnik gelernt. Der Bereich war deswegen nicht total unbekannt für mich. Ich konnte mein berufliches Profil dadurch schärfen.
Sie sind Chemieingenieurin von Beruf. In Deutschland gibt es in diesem Bereich eine stabile Nachfrage und es gibt verschiedene Berufsmöglichkeiten. Wie sehen Sie den Arbeitsmarkt hier?
Als ich in Kolumbien war, habe ich in der Reinigungsindustrie gearbeitet, aber ich war interessiert an der Lebensmittelindustrie. Das ist eine riesige Industrie. Hier in Deutschland hatte ich die Chance, in dieser Industrie zu arbeiten. Ich bin jetzt sehr zufrieden. In Kolumbien darf ich nicht als Chemotechnikerin in der Pharmaindustrie arbeiten, aber hier habe ich die Möglichkeit.
Welche Probleme sind Ihnen trotzdem beim Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt begegnet?
Natürlich die Sprache. Wie gesagt habe ich meine Sprachkenntnisse verbessert, aber viel davon durch Gespräche mit Kindern. Es ist nicht das gleiche, mit Kindern und in einem professionellen Umfeld zu sprechen. Für mich war das eine große Herausforderung und ist es immer noch. Deswegen glaube ich, dass es wichtig ist, immer in Kontakt mit der Sprache zu sein. Nicht nur bei der Arbeit, sondern auch durch das Fernsehen, Bücher usw. Vorstellungsgespräche waren deshalb immer ein Problem für mich. Ich war immer nervös und wenn man nervös ist, kann man sich nicht genau ausdrücken. Und ein anderes Problem war, dass ich mein Abschluss anerkennen wollte. Ich kann ja nicht einfach sagen: „Ich bin eine Chemieingenieurin, gebt mir eine Stelle.“ Ich brauchte deutsche Bescheinigungen, was genau ich studiert habe, wie ist mein Beruf in Kolumbien usw.
Was sind Ihre nächsten beruflichen Ziele?
Ich will meine wissenschaftliche Weiterbildung an der Beuth Hochschule für Technik Berlin beenden und meine Deutsch-Fachkenntnisse verbessern. Ich arbeite seit zwei Monaten in meiner neuen Stelle und kann noch viel in diesem Bereich lernen. Ich möchte andere Weiterbildungen machen, damit ich eine Position bekomme, die genau zu meinem Studium und meinen Kenntnissen passt.
Haben Sie Tipps für Migrant*innen, die jetzt auf der Jobsuche sind?
In einem anderen Land zu sein, ist nicht einfach. Besonders, wenn man die Sprache nicht gut kennt. Es ist wichtig, immer in Kontakt mit der Sprache zu sein. Man muss immer weitermachen, egal, was kommt. Man muss immer mutig sein und sich Mühe geben. Wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich viele weitere Türen.