Der demografische Wandel stellt unsere Gesellschaft vor erhebliche Herausforderungen, die innovative Technologien erfordern, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Im Fokus der Forschungsinitiative an der BHT stehen drei zentrale Ansätze: Erstens sollen Roboter künftig die menschliche Arbeitskraft ergänzen, um den Rückgang der Arbeitskapazitäten durch höhere Produktivität zu kompensieren. Zweitens wird die alternde Bevölkerung eine intensivere medizinische Versorgung benötigen, bei der maschinelles Lernen Ärzten wertvolle Unterstützung bei Diagnosen bieten kann. Drittens zielt die Grundlagenforschung in der computergestützten Zellbiologie darauf ab, Krankheitsdiagnosen zu verbessern.

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen werden drei Forschungsszenarien untersucht: Robotik, Quantitative Biologie und Prädiktive Medizin.

Kern des Vorhabens ist die anwendungsorientierte Grundlagenforschung zu Foundation Models, Computermodellen wie ChatGPT, die durch KI und maschinelles Lernen trainiert werden. Diese Modelle erkennen Muster in Texten und lernen auch von akustischen, visuellen oder räumlichen Daten.

Vision der Initiative ist, dass selbstlernende Roboter fehlendes Personal ausgleichen und Systeme des maschinellen Lernens bei der Diagnostik unterstützen. Aus den Anwendungsbereichen ergeben sich methodische Herausforderungen, die durch Forschung an vier Basistechnologien beantwortet werden sollen: Kontinuierliches Lernen, Sehen und Bewegungserkennung, Robustheit, Fairness und Erklärbarkeit sowie Lernen und Anpassung von Textdaten.

Ob selbstlernender Roboter, intelligentes Mikroskop oder Diagnosetool – die Technologien werden in den BHT-Forschungslaboren bereits angewandt. Damit sie in Wirtschaft und Gesellschaft zukünftig zum Einsatz kommen können, bedarf es aber der langfristigen Erforschung und dem Training von KI-Anwendungen, was durch diese Forschungsinitiative für drei Teilbereiche ermöglicht wird.

Teilprojekt: Prädiktive Medizin: Zweitmeinung durch KI

Künstliche Intelligenz wird die medizinische Diagnostik revolutionieren. Computermodelle sollen Patientendaten verlässlich analysieren und Prognosen abgeben können. Eine große Herausforderung bleibt: Laut einer Studie haben Ärztinnen und Ärzte in Deutschland im Durchschnitt nur 7,6 Minuten Zeit für ihre Patient*innen. Durch den Einsatz von KI soll die vorhandene Zeit effizienter genutzt werden und dort zur Verfügung stehen, wo sie dringend gebraucht wird – für zwischenmenschliche Interaktionen.

Der übliche Ablauf der Diagnostik ist jedoch zeitaufwändig und außerdem nicht fehlerfrei: Nach körperlicher Untersuchung, Erfragen der Symptome und Erhebung der Risikofaktoren werden aufgrund von Ausschlussverfahren und Verdachtsdiagnosen, wenn notwendig, weitere Untersuchungen durchgeführt und die wahrscheinlichsten oder kritischsten Diagnosen behandelt.

Im dritten Appl-FM-Teilprojekt wird deshalb erforscht, wie Diagnosefehler insbesondere auch zu selteneren Erkrankungen reduziert werden können, wenn man die Zweitmeinung der KI einholt. Dies ist besonders bei ungewöhnlichen Symptomen und Risikokombinationen wichtig, die viele Ärzt*innen selten oder nie sehen.

Das darauf trainierte Modell analysiert Patientenakten, medizinische Bilder, Laborergebnisse und die angegebenen Symptome. Durch Mustererkennung erstellt die KI Prognosen – genauer Differenzialdiagnosen, also Hinweise auf Krankheiten, die neben der eigentlichen Verdachtsdiagnose in Betracht gezogen werden müssen. Das geschieht mit hoher Treffsicherheit, denn die sogenannte Deep Patient Representation kann auf ein Vielfaches an Trainingsdaten zurückgreifen und übertrifft den Erfahrungsschatz der meisten Mediziner*innen, wodurch die Präzision der Befunde gefördert wird.

Schon jetzt gehört das Modell der BHT zur Vorhersage von mehr als 1900 Diagnosen zu den führenden Modellen.  Durch die Verwendung von Meta-Learning und Prototypischen Netzwerken kann es sogar im Text die Stellen hervorheben, die besonders aussagekräftig für eine Diagnose sind.

 

Interdisziplinäre Zusammenarbeit zum KI-Einsatz in Robotik, Medizin und Biotechnologie im Appl-FM-Team:
Humanoide Robotik:

Prof. Dr.-Ing. Ivo Boblan (Humanoide Robotik)

Prof. Dr.-Ing. Hannes Höppner (Humanoide Robotik)

Life Sciences and Technology:

Prof. Dr. techn. habil. Elisabeth Grohmann (Mikrobiologie)

Prof. Dr. rer. nat. Simone Beate Reber (Biochemie)

Informatik und Medien:

Prof. Dr. rer. nat. Felix Bießmann (Maschinelles Lernen)

Prof. Dr. Felix Alexander Gers (Maschinelles Lernen)

Prof. Dr.-Ing. Kristian Hildebrand (Grafisch-Interaktive Systeme)

Prof. Dr.-Ing. habil. Alexander Löser (Maschinelles Lernen)

Prof. Dr.-Ing. Amy Siu (Maschinelles Lernen)

Kooperationspartner aus der Informatik an der HTW:

Prof. Dr. Erik Rodner (Maschinelles Lernen, Informatik)

 

Förderung:

DFG (Forschungsimpulse)

 

Kontakt Sprecher der Gruppe:

Felix.Gers (@) bht-berlin.de

Simone.Recber (@) bht-berlin.de

Kontakt für Anfragen Presse und Öffentlichkeitsarbeit:

Ivo.Boblan (@) bht-berlin.de (Humanoide Robotik)

Alexander.Loeser (@) bht-berlin.de (Data Science)