Fotos: BHT, Manuel Wagner


Am Mittwoch, den 09. Juli 2025, wurde auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tegel ein bedeutendes Projekt zur klimaresilienten Stadtentwicklung feierlich eröffnet. Auf dem Areal, das einst der Luftfahrt diente, entsteht heute ein Reallabor für nachhaltige urbane Infrastruktur – mit dem Ziel, innovative Lösungen für den Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels in Städten zu erproben.

Am Anfang stand eine Charta, in der sich die Visionär*innen des östlich des Flughafengeländes geplanten neuen Wohnareals – des sogenannten Schumacher Quartiers – auf sieben zentrale Leitlinien verständigten. Neben ausreichend Wohnraum, bezahlbaren Mieten, Bildung und Partizipation wurde dabei insbesondere das Ziel der Klimaresilienz hervorgehoben. Genau an diesem Punkt setzen die sogenannten Verdunstungsbeete an, die als zentrales Schlüsselelement ausgewählt wurden, um dieses Ziel zu verwirklichen. Die multifunktionalen Grünflächen wirken wie Schwämme: Sie speichern Regenwasser, fördern dessen Verdunstung und leisten so einen wichtigen Beitrag zur Kühlung des städtischen Mikroklimas.

Das Vorhaben ist ein Pilotprojekt – bislang einzigartig im mitteleuropäischen und ostdeutschen Raum. Da zu Beginn der Planungen für das Schumacher Quartier keine belastbaren Datensätze für vergleichbare klimatische Bedingungen existierten, entschloss man sich kurzerhand, selbst aktiv zu werden – d. h. in diesem Fall: zu forschen, zu entwickeln und unter realen Bedingungen zu erproben. So entstand ein Reallabor, das wissenschaftliche Erkenntnisse und praxisorientierte Stadtentwicklung eng miteinander verzahnt. Das Ergebnis ist ein beeindruckendes, interdisziplinäres Kooperationsprojekt zwischen der Berliner Hochschule für Technik (BHT), der Technischen Universität (TU) Berlin, den Berliner Wasserbetrieben und der Tegel Projekt GmbH. Letztere koordinieren die Umsetzung vor Ort und haben die Versuchsanlage maßgeblich mit auf den Weg gebracht. Die Berliner Wasserbetriebe bringen ihre hydraulische Fachexpertise ein – insbesondere im Hinblick auf die Planung, Funktionsweise und den Betrieb von Anlagen zur Regenwasserbewirtschaftung.

Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt neben der TU Berlin auch von der Berliner Hochschule für Technik. Als Teil eines interdisziplinären Forschungsteams arbeitet Robert Teichmann vom FH-Personal Projekt der BHT im Rahmen seiner Promotion an der hydrologischen Optimierung dieser Beete. Seine Untersuchungen zielen darauf ab, das Wasserrückhaltevermögen (Retention) und die Verdunstungsleistung der Anlagen unter realen Bedingungen zu verbessern. Die Verdunstungsbeete sollen das Regenwasser nicht wie gewohnt über die Kanalisation abgeben, sondern es stattdessen speichern, oder verdunsten und dabei zur Kühlung des geplanten Schumacher Quartiers beitragen. Damit wird die Ressource Regenwasser nicht einfach dezentral abgeleitet, sondern bleibt zur Bewässerung und Kühlung im Quartier und trägt außerdem zur Entlastung der Kanalisation bei. Das Schumacher Quartier soll als ein 46 Hektar großes neues Wohnviertel Platz für über 5.000 Wohnungen und Wohnunraum für mehr als 10.000 Menschen bieten und sich im besten Fall zum klimaresilienten Vorbild für andere Berliner Stadtquartiere entwickeln. Als Teil dieses riesigen zukunftweisenden Stadtentwicklungsprojektes tragen die Verdunstungsbeete und Roberts Promotionsprojekt dazu bei, ein ganzes Stadtviertel in Zeiten des Klimawandels lebenswerter zu machen.

Begleitet wurde Robert Teichmann bei der Projekt-Eröffnung von einer kleinen Delegation der Berliner Hochschule für Technik (BHT). Mit vor Ort waren sein betreuender Professor Dr. Frank Schneider vom Fachbereich III (Siedlungswasserwirtschaft und Tiefbau), Prof. Dr. Benny Selle, Professor für Hydrologie und Gewässerschutz (ebenfalls Fachbereich III), sowie Prof. Dr. rer. nat. Ronny Schomacker, Professor für Angewandte Geoinformation am Fachbereich III – Bauingenieur- und Geoinformationswesen. Ebenfalls Teil der Delegation war seine Promotionskollegin Elisa Bieber, die sich im Rahmen ihrer Dissertation ebenfalls mit Verdunstungsbeeten beschäftigt. Ihr Forschungsvorhaben konzentriert sich auf die numerische Modellierung der hydrologischen Prozesse innerhalb der Beete. Mithilfe der Modellierungssoftware HYDRUS soll die Effizienz der Bewässerung der Beete durch präzise Simulationen besser vorhergesagt, bewertet und gesteuert werden können. Ihre methodisch-modellbasierte Herangehensweise ergänzt damit das experimentell ausgerichtete Promotionsprojekt von Robert Teichmann.

Darüber hinaus läuft an der Technischen Universität Berlin eine weitere Promotionsarbeit, die sich vorrangig mit der Auswahl geeigneter Pflanzenmischungen sowie der Optimierung der verwendeten Bodensubstrate beschäftigt. Beide Forschungsansätze – Hydrologie und Vegetation – sind essenziell für das effektive Funktionieren der Verdunstungsbeete. Gemeinsam tragen sie dazu bei, innovative, praxistaugliche Lösungen für die Anpassung urbaner Räume an Extremwetterereignisse zu entwickeln.

Das Publikum der Veranstaltung setzte sich aus Vertreter*innen der beteiligten Institutionen – BHT, TU Berlin, Berliner Wasserbetriebe und Berlin TXL GmbH – sowie weiteren Fachleuten aus Wissenschaft, Verwaltung und Stadtentwicklung zusammen. Die Eröffnungsfeier begann im Infocenter Berlin TXL mit einer kurzen Begrüßung, gefolgt von der Vorstellung des Projektteams und der Versuchsanlage. Nach einer angeregten Diskussionsrunde ging es per Shuttle-Bus zur Besichtigung der neu errichteten Verdunstungsbeete auf dem Versuchsgelände. Zurück im Infocenter bot ein anschließendes Get-together mit Getränken und Snacks reichlich Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Austausch.

Der Einsatz von Robert Teichmann steht exemplarisch für die Verbindung von praxisnaher Forschung und gezielter Förderung wissenschaftlicher Nachwuchskräfte. Sein Promotionsvorhaben zur hydrologischen Optimierung der Verdunstungsbeete – eingebettet in das FH-Personal-Projekt der Berliner Hochschule für Technik – bildet ein tragendes Element in der Entwicklung klimaresilienter Stadtstrukturen. Wir gratulieren Robert herzlich zur erfolgreichen Eröffnung der Versuchsanlage und wünschen ihm für die anstehende Messphase viel Erfolg, Erkenntnisgewinn und Durchhaltevermögen. Wir sind überzeugt: Sein Projekt hat das Potenzial, über Berlin-Tegel hinaus wegweisende Impulse für eine nachhaltige Stadtentwicklung zu setzen.